Rolf F. Nohr / Stefan Böhme (2009): „Die Auftritte des Krieges sinnlich machen“. Johann C. L. Hellwig und das Braunschweiger Kriegsspiel.
Appelhans-Verlag Braunschweig 2009, ISBN 978-3-941737-02-0 , 64 Seiten, zahlreiche Abbildungen. Mitarbeit: Gunnar Sandkühler, Gestaltung: Jörg Petri.
Unternehmensstrategie, Wahlkampfstrategie, Persönliche Lebensplanung – so allgegenwärtig und selbstverständlich wie der Begriff der Strategie in unserer Gesellschaft heute vorkommt, so spannend ist der Versuch ihn zu verstehen. Ein dauerhaftes Element in der Geschichte des Strategischen ist das Spiel – beispielsweise das 1780 von Johann Christian Ludwig Hellwig entworfene Kriegsspiel „Versuch eines aufs Schachspiel gebaueten taktischen Spiels von zwey und mehreren Personen zu spielen“. Dieses Buch handelt von dem in Braunschweig entwickelten Kriegsspiel, seiner Rekonstruktion, aber auch der Geschichte des Strategischen und den Ideen zur „Versinnlichung“ des Strategischen.
Das Hellwigsche Spiel ist ein Kriegsschachspiel, das den strategischeren Denker gewinnen lässt und umgekehrt seine Spieler zu Strategen macht. Damit treffen im Braunschweiger Kriegsspiel zwei Funktionen aufeinander, die zwar auf den ersten Blick wenig miteinander zu tun zu haben scheinen, die aber dennoch über die Jahrhunderte oft zueinander gefunden haben: das spielerische Handeln und das strategische Denken. Zwar ist uns der Genrebegriff des Strategiespiels geläufig, nur selten aber denken wir darüber nach, wie sich eigentlich die Momente des Spiels und der strategischen Planung miteinander verbinden. Vom Schach bis zu heutigen Spieltiteln wie StarCraft, Civilization oder Stratego ist es ein langer Weg, dessen Untersuchung nicht nur Aufschluss über die Spiele selbst gibt, sondern auch die Rolle des Strategischen in der Gesellschaft beleuchtet. Denn ›Unternehmensstrategien‹, ›Wahlkampfstrategien‹ oder ›Persönliche Lebensplanung‹ zeigen, wie allgegenwärtig und selbstverständlich der Begriff der Strategie in unserer Gesellschaft heute vorkommt: Mit Strategie bezeichnen wir mittlerweile sehr grundlegend ein systematisches Vorgehen, ein langfristiges Planen im Gegensatz zur kurzfristigen Taktik. Die Verbindung zur ›Kunst der Kriegsführung‹ ist dabei nur noch ein Aspekt unter vielen. Das Buch begreift Strategiespiele daher nicht nur als Spiele, sondern auch als ›Einübungsform‹ einer Art des Denkens.
Die einzelnen Kapitel stellen daher nicht nur die Rekonstruktion des ins Vergessene geratenen Spiels dar sondern zeigen auch den Weg von den allerersten Strategiespielen bis zu aktuellen Computersimulationen nach. Die Didaktik der Versinnlichung als zeitgenössischer Pädagogik der Aufklärung wird ebenso berücksichtigt wie das Leben und Werk des Braunschweiger Professors Johann C.L. Hellwig. Eine ausführliche Beschreibung des Spiels und der Abdruck des gesamten Regelwerks runden den Band ab.