Evidenz

Unsichtbarer GegnerNützliche Bilder werden als ›wahrer‹ als andere Bilder gelesen: als ›evidente‹ Bilder, also Bilder, die augenscheinlich ›eindeutiger‹ sind und ›mehr‹ über die sie hervorbringende Welt auszusagen vermögen als andere, oftmals als ›inflationär‹ und ›aussageschwach‹ charakterisierte Bilder. Ein Vorsatz dieser Überlegungen ist es aber, nicht nur in der Reflexion eines nahe liegenden Bilderkanons zu verharren, ihn also einzugrenzen, zu ›typologisieren‹ und seine Charakteristika in Bezug auf einen ›Ebenenwechsel‹ herauszuarbeiten, sondern auch einen sinnvollen theoretischen Übertrag vorzunehmen, der über eine Analyse des Bildinhaltes und den (unterstellten) Objektstatus des Bildes hinausgeht. Das Bild soll hier als ein symbolisches System und (Teil eines) Diskurses verstanden werden – daher ist die Frage nach dem einzelnen Bild immer auch eine Frage nach der Ordnung des Wissens: innerhalb des Diskurses sind Kräfte zu analysieren, die Wahrheitsbehauptungen aushandeln.

Dabei ist der entscheidende Prozess der der Evidenzstiftung: Einem abgebildeten Objekt der Wirklichkeit wird eine Wahrheitsbehauptung beigegeben, die durch das Subjekt intuitiv angenommen wird, intersubjektiviert und in bestimmten medialen Einübungsverfahren ›verfestigt‹ und stabilisiert wird. Die ›Klasse‹ der evidenten Bilder charakterisiert sich maßgeblich durch eine Figur des ›Abdrucks‹: Den Bildern ist eine deutlich lesbare Spur oder Inskription ihres Entstehungszusammenhanges und ihres Kontextes beigegeben. Dieser Abdruck ist es, der sie als Bildcluster charakterisiert und sie funktional prägt. Dabei ist die Behauptung der Evidenz eine zweifache: Zum einen wird dieser Abdruck des Realen durch die technische Verfasstheit des Vorgangs gewährleistet und zum anderen durch die (zeichenhafte oder repräsentationale) Konstitution einer Äquivalenz. Das Technische des Mediums wirkt hier über die ›alte‹ Idee der ›Selbstaufschreibung der Natur‹ (obgleich sich in den Laborbildern kaum noch eine ›sichtbare‹ Natur zu erkennen gibt), und die Ähnlichkeit entsteht durch eine (ggf. unbewusste, zumindest aber nicht didaktisierte) Kommonsensualisierung und Einübung bestimmter Bildrhetoriken und -metaphoriken – und dies obgleich die Arbitrarität einer Doppelhelix, einer Röntgenaufnahme oder eines Nebelkammerbildes eigentlich deutlich zu Tage tritt.

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